Stehsatz

Leipzig 2023
Zweieinhalb Tage in der Buchstadt Leipzig: Eine künftige Walz-Stipendiatin erlebt die Schwarze Kunst, Grafik & Handwerk

Einigermaßen plötzlich ergab sich für mich das Walz-Stipendium beim Verein für die Schwarze Kunst Dresden: nächstes Jahr werde ich auf die Walz gehen und so mein Wissen um die Handwerkskunst des Handsetzers an verschiedenen Orten in Europa vertiefen und erweitern.

Mit der Zusage des Stipendiums erreichte mich die Einladung nach Leipzig zur zehnjährigen Jubiläumsfeier und Mitgliederversammlung des Vereins für die Schwarze Kunst. Ich verbrachte drei Tage in der Stadt, die so eng mit der Druckkunst verbunden ist. Werkstatt- und Museumsführungen, Ausstellungen, Abendessen und Austausch mit anderen Druckkunstbegeisterten.

Es begann Freitagnachmittag im Museum für Druckkunst mit einer Ausstellung und der Vorstellung der Stipendiaten. Von Willi Beck und dem Vereinsvorstand Jürgen Franssen herzlich begrüßt, entwickelten sich rasch ungezwungene Gespräche mit Jung & Alt: was hatte uns hier in Leipzig zusammengebracht, wie sind wir zum Buchdruck gekommen, was würden wir lernen auf der Walz und vieles mehr. Ich lernte meine Mit-Stipendiatinnen sowie einige Walz-Alumni kennen, die ihre Arbeiten vorstellten und von ihren Erlebnisse auf der Walz berichteten. In ausgelassener Stimmung druckten wir gemeinsam ein Plakat und feierten das zehnjährige Jubiläum des Vereins für die Schwarze Kunst wahrlich gebührend.

Am verregneten Samstag trieb es uns in die Hochschule für Grafik und Druckkunst. Die Besichtigung führte uns durch die Holzdruckwerkstatt, dann die Bleisatzwerkstatt, wo sich uns riesige und dennoch ausgefüllte Räumlichkeiten eröffneten. Setzregale reihten sich nahezu unendlich aneinander und Druckmaschinen aller Größen und Arten fanden ihren Platz nebenan. Regale bogen sich unter eingelagerten, neuverpackten Schriften. Filigran gearbeitete, experimentelle und klassische Werke lagen zur Begutachtung bereit. Wie typografische Spielereien mit beispielsweise schräg gestelltem Satz aufwendig im Bleisatz verwirklicht werden können, fand ich persönlich besonders bemerkenswert.

Ebenfalls imposant war die Baumwollspinnerei, die — seit Jahrzehnten nicht mehr im Betrieb — als Wahrzeichen Leipzigs gilt und heute Heimat diverser Künstler und Werkstätten ist. Das Gelände beherbergt zum Beispiel die Druckwerkstatt »Carpe Plumbum« oder auch die Werkstatt der Künstlerin Katja Zwirnmann. Zwischen den dicken Mauern erblüht die Kunst, die Kreativität und die Kultur.

Am Sonntag ging es nach der ausgedehnten Mitgliederversammlung ins Museum für Druckkunst. Mit am interessantesten war die Lichtdruck-Abteilung, neben einer weiteren weltweit die einzige Werkstatt dieser Art. Dieses faszinierende und überaus komplexe Druckverfahren, wofür Glasplatten, Gelatine, Negative und ein enormes handwerkliches Geschick benötigt werden, vermag es, Kunst unvergleichlich originalgetreu zu reproduzieren. Bei einem Besuch in Leipzig sollte man sich dies keinesfalls entgehen lassen.

So endete für mich ein tatsächlich überwältigendes Wochenende. Ich freue mich nun umso mehr auf ein Wiedersehen mit all diesen inspirierenden & inspirierten Menschen und bin in Gedanken bei dem nun bevorstehenden Abenteuer, der Walz. Voller Vorfreude darauf nehme ich die Erinnerungen an die drei Tage in Leipzig mit und schliesse diesen Bericht mit dem traditionellen Spruch der Wandergesellen: »Von Norden nach Süden, von Osten nach Westen – rund ist die Welt, drum Brüder (und Schwestern) lasst uns reisen!«


Fotos: Verein für die Schwarze Kunst, Katharina Lutz; Redaktion: Sybille Schmitz