Stehsatz

Sofia Mari, Studiengang Media Design München
Typografie (1. Semester): Sofia Mari
Laut und Leise – Lebende Satzzeichen

Aufgabe war es, mit rein typografischen Mitteln das Begriffspaar »laut« und »leise« darzustellen. Sofia Marie, Studentin aus dem ersten Semester, hat diese Aufgabe geistreich und unkonventionell umgesetzt.

Als Ausgangspunkt nahm Sofia Mari fünf gleich große Bücher, deren Inhalt völlig unmaßgeblich war und die in ihrer äußeren Form als reines Material dienten. Aus ihnen faltete, bog und wand sie verschiedene Satzzeichen – Punkt, Semikolon, Auslassungszeichen, Ausrufezeichen und Fragezeichen.

Normalerweise hört man die Interpunktion beim Vorlesen nicht. Man erkennt das jeweilige Satzzeichen nur anhand der Intonation, wenn beispielsweise die Stimme am Satzende gehoben wird und auf ein Fragezeichen schließen lässt.

Dadurch, dass sich die einzelnen Satzzeichen gefaltet finden und so optisch ins Auge fallen, wird die sonst leise, unscheinbare Interpunktion laut, auffällig. Der Inhalt der Bücher, die zahllosen Sätze, die sonst laut, vernehmbar gelesen werden, treten in den Hintergrund. Demnach sind sie leise, wie es einem Mengentext geziemt.

Fotos: Sofia Mari, Readaktion: Sybille Schmitz
Typografie (2. Semester): Sarah Janson, Verena Schneider

»I think it’s both modern and familiar« – so beschreibt die Schriftentwerferin Zuzana Licko selbst ihre aussagekräftige Schrift »Mr Eaves«. Es handelt sich um eine geometrische Grotesk, die auf formale wie optische Wiederholung setzt — die Grundformen Dreieck, Quadrat und Kreis treten dabei immer wieder auf — und auf den zwei sich ergänzenden Schriftfamilien Sans-Serif und Modern fußt. Beide Familien sind in je sechs Schnitten von Thin bis Heavy sowie in Regular und Italic verfügbar. Das Typeface selbst ist stark an der zugesellten Schrift, sozusagen der Gattin »Mrs Eaves«, angelehnt, auf diese wird auch wiederholt Bezug genommen.

Über zwei Monate haben wir uns mit der Recherche, Analyse, Gestaltung und dem Layout eines Buches über diese markante Schrift beschäftigt. Entstanden ist ein durchaus modernes Buch, das den Charakter der Schrift widerspiegelt. Das Format haben wir an die Proportionen des einprägsamen Majuskel R angepasst. Beim Layout des Buches wurde durchgehend auf eine moderne, spannende aber dennoch abwechslungsreiche Gestaltung geachtet. Die Farbe Grün steht symbolisch für den männlichen Charakter der »Mr Eaves«. Als Vorgänger und Gemahlin gilt die Barock-Antiqua »Mrs Eaves«, die im Vergleich durch die Farbe pink dargestellt wird.

Das Buch befasst sich mit der Analyse der einzelnen Buchstaben, der Lesbarkeit, Zurichtung, des Grauwertes und der Wirkung im Mengentext. Besonders interessant ist auch die Gegenüberstellung mit dem Vorbild aller geometrischer Schriften: der Futura. Und wie es nicht anders zu erwarten war: Mr Eaves – eine moderne, harmonische, eindrucksvolle und jugendliche Schrift – lässt den Schriftklassiker Futura eindeutig schwach aussehen.

Im Interview mit Zuzana Licko konnten wir schließlich auch einige weiterführende Informationen über die Schrift und insbesondere über ihren Entstehungsprozess erfahren. Darüberhinaus beinhaltet das Buch weitere Porträts von Zuzana Licko, eine Zusammenfassung ihres Werdegangs und Wirkens als Schriftgestalterin, sowie diverse Anwendungsbeispiele zur Veranschaulichung.

Text und Fotos: Verena Schneider und Sarah Janson, August 2020
Visualisierung (1. Semester): Sarah Janson
Plakatreihe zu Gotye – »Somebody that I used to know«

In vier Plakaten wurde der Song »Somebody that I used to know« von Gotye visualisiert. Dargestellt werden ein Metabild sowie drei Teilabschnitte. Die zu einem Muster zusammengesetzten Balken geben die Rhythmik des Liedes wieder, wobei hier die breiten, tiefen Balken bzw. die hohen, schmalen Balken die männliche bzw. weibliche Stimme repräsentieren. Die Plakate wurden in drei Farbvarianten zu einer harmonischen Reihe umgesetzt.

Das erste Plakat zeigt den Song als stimmiges Ganzes, im zweiten wird der Rhythmus des Liedes und der Gesang von Gotye, im dritten die hohe Tonlage der Sängerin Kimbra durch schmale Balken visualisiert. Das letzte Plakat stellt das Zusammenspiel der beiden Stimmen sowie das abrupte Ende des Liedes dar. Erst im Zusammenspiel aller vier Plakate ergibt sich sowohl der Songtitel wie auch die Gesamtheit aller Schichten oder Perspektiven dieses sentimentalen Popsongs.

Obwohl er von Verlust und Trennungsschmerz handelt, evoziert das Anhören paradoxerweise eine selig-beschwingte Stimmung, was Entsprechung in belebenden Farbkombinationen findet.

Musikvisualisierung (1. Semester): Celina Hofmann

Für die Musikvisualisierung des Stückes »Palladio« von Karl Jenkins habe ich für jeden der 82 Takte jeweils eine wellenförmige Linie gezogen. Je nachdem, wie viele Noten der Takt enthält, wie schnell oder langsam, wie dynamisch die Musik in dieser Sequenz ist, ist die Welle entsprechend größer, breiter oder schmaler geworden. Die Welle entwickelt ihren Charakter gemäß der Wirkung der Musik.

So finden sich beispielsweise für einen Sechzehntel Takt viele kleine Wellen, für eine halbe Note nur eine einzige, kleine und für viele verschiedene Noten in einem Takt große Wellen visualisiert. Diese machen die Spannung, die immer wieder anschwillt und abebbt, sichtbar.

In »Palladio« sind vier Instrumente zu hören. Zwei Violinen, eine Viola und ein Violincello. Für jedes Instrument wurde eine Farbe gewählt, von hell nach dunkel abgestuft. Die erste Violine hat die Farbe Rosa und die zweite ein helles Grün, der Viola ist die Farbe Rot zugeordnet, dem Violincello wiederum die Farbe Dunkelblau, um die Tiefe dieser Musikinstrumente wiederzugeben.

Die Wellen für jedes Instrument sind jeweils auf eine Acrylglasplatte mit einem Acrylstift gezeichnet. Anschließend wurden sie übereinander gelegt und mit etwas Abstand verschraubt. Auf diese Weise ist ein harmonisches Gesamtbild entstanden, das — durch den Abstand der Platten – den Blickwinkel und die eventuelle Bewegung des Betrachters mit einbezieht und so die klassische Komposition in all ihrer Dynamik und Kraft widerspiegelt.

Fotos: Sybille Schmitz
Henry David Thoreau, Walden 
Entwicklung einer komplexeren Drucksache

Der Autor und Philosoph Henry David Thoreau passt gut zum Semesterthema der Handsatz-Werkstatt – »Freiheit«. Zu Lebzeiten politisch relativ unbedeutend, gilt er heute als »Prophet des zivilen Ungehorsams« und diente Freiheitskämpfern wie etwa Martin Luther King oder Mahatma Gandhi als Vorbild. Thoreaus Buch »Walden« ist als Klassiker für ein »alternativeLeben« bzw. die Sehnsucht nach Ursprünglichkeit bekannt. Der Autor kehrte 1845 der Zivilisation für zwei Jahre den Rücken und zog sich in die Wildnis und Einsamkeit an den Waldensee in Neuengland zurück. Seine Beobachtungen, die während dieser Zeit der Einsamkeit und Enthaltsamkeit entstanden sind, sind unvoreingenommen, scharfsinnig sowie mutig. Sie haben auch heute nichts von ihrer Aktualität verloren und spiegeln die Sinnsuche des Menschen in einer immer rastloser werdenden Gesellschaft.

Im Handsatzkurs von Schriftsetzermeister Klaus Hanitzsch entstand nun unter akribischer Einzelarbeit eine Leseprobe im Format 135 x 210 mm, die alle klassischen Regeln der Buchgestaltung beachtet. Melanie Knappe, Thomas Fäckl und Jochen Schuster staunten dabei nicht schlecht, was es so alles an Kniffen und Regeln in der Buchtypografie gibt.

Register- sowie Zeilen in Schön- und Widerdruck zu halten ist an einer einfachen FAG Abzugspresse mit einigem Aufwand verbunden, der Druck muss ideal dosiert sein. Klaus Hanitzsch hat dabei unbeirrbar mit Muße und viel Feingefühl unermüdlich korrigiert und Schieflagen zurecht gerückt.

Damit die Freiheit bei dem eher streng wirkenden Projekt nicht gänzlich verloren geht, sind die Schutzumschläge von jedem Studierenden individuell gestaltet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und wird die Tage fertiggestellt.

Genath – eine Schriftanalyse
Typografie 2. Semester: Janina Engel, Dorothée Martin

Die vorliegende Arbeit entstand während des zweiten Semesters im Modul Typografie. Aufgabe war es, eine Schriftanalyse in Form eines Buches mit einer selbst gewählten Schrift zu erstellen. François Rappo entwarf die Schrift Genath in ihrer heutigen Form. Rappo, der als einer der bedeutendsten Typografen unserer Zeit gilt, entwickelte die bereits 1720 entstandene Genath weiter und digitalisierte sie im Jahre 2011.

Das Buch »Genath – eine Schriftanalyse« beginnt mit einem geschichtlichen Teil, der vom Ursprung der Barock-Antiqua bis in die heutige Zeit reicht.

Im Mittelteil der Arbeit ist die Analyse der Einzelzeichen zu finden, sowie ein Vergleich mit einer weiteren Barock-Antiqua, der Janson Antiqua. Im abschließenden Teil der Schriftanalyse stehen die bereits umgesetzten Anwendungen der Schrift im Fokus. Die Genath besticht durch ihren zeitlosen Charme sowie durch ihre ruhige, elegante Art.

Durch das persönliche Engagement von François Rappo, das unsere Erwartungen übertraf, hatten wir die Möglichkeit ihn in Lausanne zu treffen und zu interviewen. Es wurden uns tiefe Einblicke und ein besonderer Zugang zur Genath gewährt. Das Interview wurde separat in einem Heft abgedruckt, das dem Buch beiliegt. Neben zahlreichen Fragen und Antworten sind der Niederschrift des Gesprächs etliche Fotografien, die wahrend des Treffens entstanden sind, beigefügt.