Stehsatz

Review Mr Eaves: Josy Tinapp, Olivia Böhm
Typografie 2. Semester: Josephine Tinapp, Olivia Böhm

Die Aufgabe des zweiten Semesters im Fach »Typografie« bestand darin, eine Schriftanalyse in Form eines Buches zu gestalten. Jede Gruppe des Kurses hat sich dabei für eine Schriftart entschieden. Nach etwas Recherche sind Olivia und ich auf die Schriftart »Mr Eaves Modern« von Zuzana Licko gestoßen, welche sich als Sans-Serif-Schrift klassifizieren lässt. Das Besondere an dieser Schriftart ist, dass sie klassische Merkmale einer Grotesk mit einem sehr modernen Touch vereint. Uns hat die Schrift so gut gefallen, da sie die perfekte Kombination aus »gewöhnlich« und »außergewöhnlich« darstellt.

»Mr Eaves« ist die serifenlose Ergänzung zu »Mrs Eaves«, einer ebenfalls von Zuzana Licko geschaffenen Schriftart, welche im Jahr 1996 von Emigre veröffentlicht wurde. Mrs Eaves stellt eine zeitgemäße Interpretation der Schriften Baskerville’s dar. Der Name wurde von Baskerville’s Frau, Sarah Eaves, inspiriert. Mr Eaves Proportionen ähneln denen der Mrs Eaves stark, jedoch hat sich Zuzana Licko bei der Gestaltung etwas mehr Freiraum gelassen. Sie wollte vermeiden, dass die Serifen wie abgeschnitten aussehen. Die Mr Eaves ist in zwei Versionen erschienen, der »Mr Eaves Sans« und der »Mr Eaves Modern«.

Die Modern-Version kennzeichnet sich durch eine harmonische Kombination aus Eleganz und Modernität, sorgfältig abgestimmte Proportionen und subtile Details. Obwohl sie auf den ersten Blick einige Ähnlichkeiten mit bekannten geometrischen Groteskschriften aufweist, hebt sie sich aufgrund einzigartiger Elemente dennoch stark von Konkurrenten ab. Sie ist keine 0815-Schrift und ebenso wenig eine besonders bekannte Schriftart, jedoch eignet sie sich durchaus optimal für Überschriften, als auch für Mengentexte. Mr Eaves Modern ist in vielzähligen Schnitten verfügbar und lässt sich somit in vielerlei Hinsicht in Designprojekte einbinden.

Bei der Buchgestaltung haben wir darauf geachtet, es so schlicht wie möglich – aber dennoch aussagekräftig – zu halten. Auf die Verwendung von Farben und Bildern haben wir weitestgehend verzichtet, um den Fokus auf der Schrift an sich zu lassen. Auch das Layout wird simpel gehalten, denn »Gleiches wird gleich behandelt!«. Das Papier ist ein weiß, leicht ins Gelbstichige 120 Gramm Rivoli Papier. Es liegt somit gut in der Hand, wirkt dennoch nicht zu schwer und mächtig. Der Bucheinband ist aus einem ziegelroten Satogami-Material, welches zwar empfindlich ist, sich aber unglaublich wertig anfühlt.

Auch wenn dieses Projekt harte Arbeit war, sind wir umso stolzer auf das Endergebnis und es bereitet einem immer wieder eine immense Menge an Freude, das Buch in den Händen zu halten. Das Gefühl, etwas Eigenes geschaffen zu haben – und das schon im zweiten Semester – ist unbeschreiblich.

Fotos: Nico Janson, Sybille Schmitz
Unikatbuch (4. Semester): Sophie Feichtner
Das verräterische Herz

Mein Unikatbuch beschäftigt sich mit der Kurzgeschichte »Das verräterische Herz« von Edgar Allan Poe. Es ist in Form eines kleinen Buches gestaltet und versteckt sich in einem Schuber, der mit einem Papier mit Holzstruktur kaschiert ist und die Dielen in der Geschichte symbolisiert. Jene Dielen, unter denen die Leiche bzw. die Leichenteile des alten Mannes liegen — auch jenes verräterische Herz, das der Protagonist bei dem Verhör durch die Polizeibeamten lauter und lauter schlagen hört.

Im Inneren des Buches wird die Geschichte inszeniert, indem die Stimmung der Erzählung aufgegriffen und der Wahn des Protagonisten unter anderem durch die Rhythmik des Textes visualisiert wird. Dafür habe ich verschiedene Schriftschnitte und Textstrukturen verwendet. Die Gestaltung des Buches, das schlicht in Schwarz und Weiß gehalten ist, nimmt im Verlauf der Geschichte immer düsterere und unheimlichere Züge an, während der Wahnsinn des Protagonisten immer drastischer dargestellt wird.

Die Inszenierung des Wahns soll den Leser tief in die beklemmende Atmosphäre der Geschichte ziehen und die psychische Abwärtsspirale des Protagonisten intensiv erlebbar machen.

Fotos: Sophie Feichtner, Redaktion: Sybille Schmitz
Unikatbuch (4. Semester): Luca Tommaso Stimming

Luca Tommaso Stimming widmet sich in seinem Unikatbuch der Geschichte »Das verräterische Herz« von Edgar Allan Poe.

Darin bringt der psychisch angeschlagene, äußerst erregbare bzw. mehr und mehr erregte Ich-Erzähler einen alten Mann, der mit ihm in demselben Haus wohnt, um. Der alte Mann hat eine körperliche Besonderheit, ein eigentümliches Auge — dem eines Geiers ähnlich —, dessen (An-) Blick den Erzähler zur Weißglut treibt. Innerhalb einer Woche steigert sich die Aversion in einem Maße, daß der Protagonist zur Wahnsinnstat getrieben wird, um den Leichnam anschließend überlegt & sehr rational unter dem Dielenboden zu verstecken sowie alle Spuren zu verwischen. Die Polizisten, durch Schreie alarmiert, finden nichts, woraufhin der Erzähler im selbstgefälligen Gefühl der Sicherheit die Polizisten in ein Gespräch verwickelt, in dessen Verlauf er den Herzschlag des Alten lauter und lauter aus den Dielen heraus zu hören glaubt. Vom anschwellenden Schlagen des Herzens zur Verzweiflung getrieben gesteht er schließlich den Mord.

Luca setzte das Thema in der Form eines typografisch inszenierten, dreidimensionalen Objektes um. Während des Lesevorgangs folgt der Betrachter der Faltanleitung und knickt das im Format DIN A3 bedruckte Blatt so lange, bis sich am Ende ein abstrahiertes, dreidimensionales – eben das verräterische – Herz ergibt.

Fotos: Nico Janson
Unikatbuch (4. Semester): Katrin Eder

Wie schon im vorangegangenen Beitrag findet sich auch hier in der Arbeit von Katrin Eder die Geschichte »Das Fass Amontillado« von Edgar Allan Poe als Unikatbuch umgesetzt. Katrin Eder schuf hierfür ein Objekt, das den langen, unheilvollen Weg in den dunklen Keller des Palazzo und schließlich in das Verderben verdeutlicht.

Das dreidimensionale Objekt vertieft sich in Stufenform. Dabei ist die Geschichte — akkurat in der Proxima Nova gesetzt — in sorgfältigem Satzspiegel Seite für Seite in Stufenform angeordnet. Die Seiten werden von Stufe zu Stufe immer dunkler und das Objekt von Stiege zu Stiege immer tiefer. Auf den Erhöhungen respektive Zwischenelementen befinden sich dabei, stichpunktartig arrangiert, die Gedanken des Protagonisten Montresor wieder, die im Laufe der Geschichte immer düsterer werden und ihren Höhepunkt im Mord des (insgeheim verhassten) »Freundes« finden.

Der Leser, die Leserin muss gewissermaßen im Akt des Lesens den unkomfortablen Weg der beiden Männer verfolgen und den unaufhaltsamen Niedergang nachvollziehen — eine eindrückliche und in Buchform kaum je zuvor erlebte Immersion!

Fotos: Nico Janson
Schriftanalyse und Buchgestaltung (2. Semester):
Katrin Eder, Luca Tommaso Stimming

Die Didot ist eine klassizistische Schrift mit eleganter, ja vornehmer Anmutung. Sie inspiriert Typografen auch heute noch und ist Vorbild vieler moderner Schriftinterpretationen. Diese ehrwürdige Schrift wurde von der Druckerfamilie Didot im 18. Jahrhundert entwickelt und erlangte seiner Zeit sehr viel Aufmerksamkeit in ganz Europa. Die Schnitte, allesamt aus der Hand von Firmin Didot, überzeugten durch unglaubliche Präzision.

Adrian Frutiger digitalisierte die 1784 von Firmin Didot gestaltete klassizistische Antiqua, sie erschien 1991 bei Linotype. Auffällig ist ihr extrem hoher Strichstärkenkontrast und ihre scheinbar mit Zirkel und Lineal konstruierte Form. Trotz ähnlicher Formen der verschiedenen Zeichen, vor allem bei den Serifen, ist jedes einzelne dennoch individuell und einzigartig.

Uns ist die Schrift sofort ins Auge gesprungen, deshalb war schnell klar, dass wir ihr unser Buch widmen wollen. Das ganze Buch sollte dem Stil der Schrift folgen — das heißt, Ruhe und Eleganz ausstrahlen. Daher entschieden wir uns für eine einfache Blindprägung auf dem Cover und das Farbschema weiß – lila. Wichtig war uns eine genaue Analyse der einzelnen Zeichen, genauso wie der Vergleich mit zwei ähnlichen Schriften, nämlich Bodoni und Baskerville. Abgeschlossen wird das Buch mit einigen aktuellen Anwendungsbeispielen, die den Überblick über die lange und ungebrochene Historie der Didot durch die Jahrhunderte beenden.

Fotos: Katrin Eder, Luca Tommaso Stimming, Redaktion: Sybille Schmitz
Typografie (2. Semester): Lilli Hartig, Philipp von Soden

Erik Spiekermann ist einer der bekanntesten Schriftentwerfer im deutschsprachigen Raum. Schriften wie die ITC Officina und die FF Meta Schriftsippe stammen von ihm, darüberhinaus hat er mit Größen wie Neville Brody, Günter Gerhart Lange oder Christian Schwartz zusammengearbeitet.

Daher mag es nicht verwundern, dass sich Lilli Hartig und Philipp von Soden in ihrer Semesterarbeit für die Analyse der FF Meta, die auch heute noch durch ihre unverwechselbare und eigenständige Dynamik überzeugt, entschieden. Die Schrift, eine humanistische Grotesk, war von Erik Spiekermann in der ersten Variante unter dem Namen PT55 als Hausschrift für die Deutsche Bundespost entworfen worden; diese lehnte ihren Einsatz jedoch ab. Als eine der ersten FontFont Schriften wurde sie u.a. mit Mediävalziffern reich ausgebaut und schließlich in Kooperation mit Just van Rossum und Erik van Blokland umgesetzt. 1991 veröffentliche Spiekermann die FF Meta beim »FontShop International«.

Das Buch der Studierenden porträtiert dabei zunächst die Person Spiekermann und zeichnet seinen Werdegang nach. Die anschließende Schriftanalyse untersucht Besonderheiten der FF Meta, die Ausgestaltung der Einzelzeichen sowie die Zurichtung. Darauf folgt ein Schriftvergleich innerhalb der Gruppe der humanistischen Serifenlosen. Prägnante Zitate von Erik Spiekermann leiten die einzelnen Kapitel ein.

Fotos: Lilli Hartig, Redaktion: Sybille Schmitz
Schriftanalyse und Buchgestaltung: Mona Kerntke, Anna-Lea Trumpetter
Analyse der Avenir

Adrian Frutiger war einer der größten und bedeutendsten Typografen bzw. Schriftgestalter des 20. Jahrhunderts und prägte mit seinen Werken den Schweizer Stil maßgeblich. Die Anlehnung an die Futura von Paul Renner verrät schon der Name. Anders als bei der streng geometrisch konstruierten Schrift von Renner versuchte Frutiger in der Avenir Harmonie und Menschlichkeit zum Ausdruck zu betonen. Dabei konzentriert er sich auf die Balance zwischen der mathematischen Geometrie einerseits und andererseits den optischen Korrekturen, die der Lesefreundlichkeit dienen.

In ihrer Schriftanalyse beschäftigen sich Lea Trumpetter und Mona Kerntke zunächst ausführlich mit dem Werdegang des Gestalters Adrian Frutiger und dessen Arbeiten. Im weiteren Verlauf wird die Geschichte der Grotesk nachgezeichnet. Der Hauptteil der Schriftanalyse widmet sich dem Charakter der Avenir. Anschließend folgt eine sehr detaillierte Einzelzeichenanalyse, sowie das Kerning der Schrift. Für den Vergleich wurden die Avenir Next und Futura PT herangezogen. Anwendungsbeispiele runden die Schriftanalyse ab.

Durch ausgewogene Raumaufteilung und stringente Text- und Seitengestaltung entsteht ein stimmig gestaltetes Buch. Das Cover und der offen gestaltete Buchrücken der Schweizer Broschur verbinden sich — dank des roten Fadens im Wortsinne wie im übertragenen Sinne — gekonnt mit dem Inhalt.

Fotos: Mona Kerntke und Anna-Lea Trumpetter, Redaktion: Sybille Schmitz
Typografie (2. Semester): Laura Di Vita, Larissa Laurentzi, Helen Schulth

»It is my conviction that you cannot be a good type designer,
if you are not a book typographer« (Martin Majoor)

In ihrer Schriftanalyse untersuchen Laura Di Vita, Larissa Laurentzi und Helen Schulth die Schrift »FF Scala Serif« sowie »FF Scala Sans« des holländischen Schriftentwerfers Martin Majoor. Das Hauptbuch gliedert sich in drei Teile: der erste widmet sich zunächst allgemein der holländischen Schrifttradition, der zweite dem Schriftentwerfer Martin Majoor und der dritte dezidiert der Schriftanalyse der Serif-/ und Sans-Varianten mit anschließendem Schriftvergleich.

Die Rekonstruktion der holländischen Schrifttradition spannt den Bogen von
Christoffel van Dijck über Joh. Enschedé bis zu Jan van Krimpen, die diese Tradition maßgeblich geprägt haben. Der nächste Teil skizziert den Werdegang des Designers und Typographen Martin Majoor, zuerst in einer knappen Übersicht seines Lebenslaufes, gefolgt von einer Auflistung verschiedener Werke jenseits der »Scala«. Der dritte und letzte Teil befasst sich mit der Schriftanalyse der Varianten »Serif« und »Sans« eben jener Schrift, die in den Jahren ab 1990 veröffentlicht wurde und als veritable Pionierleistung in den Bereichen Desktop-Publishing bzw. digitalem Vertrieb gilt. Dabei werden die Punkte Entstehungsgeschichte, Klassifizierung, Psychogramm, Schriftschnitte, Buchstabenanalyse, Zusatzanalyse und Zurichtung sowie Lesbarkeit analysiert. Anschließend werden beide Schriftvarianten miteinander verglichen und von Anwendungsbeispielen ergänzt.

Fotos und Text: Laura Di Vita, Larissa Laurentzi; Redaktion: Sybille Schmitz
Typografie (2. Semester): Verena Manhart, Ines Schäffer,
Nadja Schäffer, Robin Volland
Schriftanalyse der Sabon

Die Sabon, eine im Handsatz, Einzelbuchstaben- und Zeilenmaschinensatz identische Schrift wurde in den 1960er Jahren von Jan Tschichold konzipiert. Diese besondere Schrift entstand gegen Ende der Bleisatzära als Gemeinschaftsprojekt der Schriftgießereien/Firmen D. Stempel AG, Linotype und Monotype. Sie kam den Forderungen vieler Typografen und Schriftsetzer entgegen, indem sie Probleme behob, die aus dem Einsatz ein und derselben Schrift in unterschiedlichen Guß-Systemen resultierten. Beispielsweise bedingte die Technik der Linotype-Zeilensetzmaschine, dass die Kursive im Vergleich zur Antiqua zu weit lief und damit ein unschönes Textbild ergab.

Der renommierte Typograf Tschichold wurde explizit damit beauftragt, die unterschiedlichen technischen Anforderungen, die die unterschiedlichen Satz- und Gußsystem mit sich brachten, zu berücksichtigen. Bei seinen Entwürfen orientierte sich Tschichold dabei an den Garamond-Schriften (Nachschnitte basierend auf die Originalschriften von Claude Garamont und Jean Jannon). So entwarf er schließlich die Schrift Sabon, die 1967 in den Brotschriftgraden (Antiqua/Roman, Kursiv und Halbfett) bei allen drei genannten Firmen erschien. Sie gilt als Ausdruck humanistischer Eleganz, obwohl sie deutlich kontrastreicher angelegt wurde.

Der französische Schriftentwerfer Porchez erarbeitete eine Neuinterpretation des Schriftklassikers, die 2002 unter dem Namen »Sabon Next« bei Linotype erschien.

Die Studierenden Verena Manhart, Ines Schäffer, Nadja Schäffer und Robin Volland haben dieser besonderen Schrift ein Buch gewidmet, das nicht nur liebevoll gestaltet ist, sondern auch die wesentlichen Etappen der Entstehungsgeschichte der Sabon skizziert sowie ihre Wesensart analysiert und würdigt. Das Buch ist in rotes Leinen gebunden, in Erscheinung und Anmutung durchgehend elegant.

Fotos: Sybille Schmitz
Typografie (2. Semester): Victoria Eckl, Katharina Hengster
Buchgestaltung: Klingspor, Koch, Neue Kabel – eine Schriftanalyse

Dem geschulten Auge werden im Schriften-Durcheinander unseres digitalen Zeitalters immer wieder Spuren Rudolf Kochs begegnen. Koch rückte in die erste Reihe der Buch- und Schriftgestalter seiner Zeit, denn mit seiner ganz eigenen Art zu Schreiben ließ er alle hinter sich. Kochs Portfolio umfasste hauptsächlich gebrochene, meist Rotunda- oder Fraktur-Schriften, aber auch Serifen-Schriften. Diese zeichnen sich durch den starken persönlichen Ausdruck des Schriftmeisters aus, der mit beinahe religiöser Hingabe Schriften entwickelte.

1927 schien es ihm sehr verlockend, eine Schrift mit Zirkel und Lineal zu entwerfen. So entstand eine »eindeutige« Schrift ihrer Zeit – die Kabel. Mit lediglich einfachen und klaren geometrischen Formen wie Kreisen, Quadraten und Dreiecken konstruiert und mit einigen Art Deco Elementen geschmückt, trägt sie ohne jeglichen Zweifel Kochs Handschrift.

Während viele deutsche Schriftentwerfer Kochs gebrochene Schriften und Serifen-Schriften bewunderten und studierten, blieb die Kabel von ihnen weitgehend unbemerkt und so verschwand sie, wie viele ihrer Zeitgenossen, in den 30er Jahren.

Mit dem Aufkommen des Fotosatzes, konnten nicht-lizensierte Kopien von Schriften erstellt werden und auch Kochs Kabel fiel dem zum Opfer. Cable, Kabell oder Kabeln sind nur ein paar der zahlreichen Schriften, welche von verschiedensten Fotosatz-Unternehmen als Kopien erstellt wurden – oft wurde hierbei behauptet, dass sie das Original verbessern würden, obwohl sie die entscheidenden Eigenschaften des Designs entfernten oder neue, nutzlose Bestandteile hinzufügten.

Im Jahre 1975 entwarf Victor Caruso mit einer Sonderlizenz eine frische Interpretation der Kabel für die International Typeface Corporation (ITC) und änderte Proportionen und Mittellängen – das Design sollte hierbei so wirken, als hätte es Koch möglicherweise selbst gestaltet, wenn ihm damals der Fotosatz zur Verfügung gestanden hätte. Um die wirklichen und ursprünglichen Absichten des Designers widerzuspiegeln, war es 2013 Zeit für eine erneute, umfassendere Wiederbelebung der Kabel. Die Idee kam Marc Schütz, einem Dozenten der Hochschule für Gestaltung in Offenbach, als seine Studenten eine Schrift für ihr Jahrbuch benötigten: Er wählte die Kabel. Sie repräsentiert die lange Geschichte der Hochschule, an der Koch selbst Professor war.

Zunächst zeichnete Schütz nur die für das Jahrbuch benötigten Buchstaben. Dies war der Beginn einer kompletten  Wiederbelebung des Klassikers. Dabei wollte er die historischen Merkmale bewahren, ebenso wie die Gestaltung für die moderne Anwendung nutzbar machen; die neue Kabel sollte auch für ein Lexikon oder eine Doktorarbeit passend sein. Schütz gelang es, tradierte Eigenschaften mit zeitgemäßen Anforderungen zu verbinden. Marc Schütz’ Redesign inspirierte uns, seine Interpretation der Kabel für unsere Schriftanalyse herauszugreifen.

Im Gesamten umfasst unsere Analyse drei Bücher. Jedes behandelt ein Thema: Das erste Buch setzt sich dabei mit Koch und seinem Leben auseinander. Der 1876 in Nürnberg geborene »Meister der Offenbacher Werkstatt«, wie er würdevoll schon zu Lebzeiten genannt wurde, ließ Schrift zum Ausdruck des Inhalts werden. Deshalb wird er auch heute noch für seine Handschriften, Schriftblätter und Schriftteppiche bewundert. Im Jahre 1906 führte ihn die Entdeckung, mit einer Breitfeder Druckschriften niederzuschreiben, zu der damaligen Rudhardschen Schriftgießerei (später Klingspor). Diese wurde von Karl Klingspor geführt. Die fruchtbare Zusammenarbeit wird im zweiten Teil unserer Arbeit dargelegt.

Der wesentliche Anlass unserer Studie wird im dritten und letzten Buch veranschaulicht – die Geschichte der Kabel, die sorgfältige Untersuchung ihrer Buchstaben und Ziffern sowie ihre Anwendungsmöglichkeiten. Das abschließende Interview mit Marc Schütz komplettiert das Buch.

Unser Buch ist modern gestaltet und weist zugleich den nötigen Werkcharakter auf – unterstrichen durch selbstgefertigte Siebdrucke. Jedes einzelne Buch besitzt dabei eine eigene Grafik und kann für sich alleine stehen.

Fotos: Sybille Schmitz, Text: Katharina Hengster und Victoria Eckl