Stehsatz

Die Janson die nicht von Janson kam
Schriftanalyse 2. Semester: Sandra Tammery, Simon Grässle

Die 300 Jahre alte Antiqua Schrift »Janson-Antiqua« führte uns auf eine spannende Reise. Sie wurde vom ungarischen Schriftschneider Miklós Kis entworfen und Jahrhunderte lang fälschlicherweise dem holländischen Schriftgießer Anton Janson zugeschrieben. Der englische Kunsthistoriker Harry Carter war der erste, der Zweifel bezüglich der Urheberschaft äußerte. Experten wie der ungarische Universitätsprofessor und Schrifthistoriker Gyorgy Haiman gingen in der Folge dieser Frage nach und gaben schließlich den Anstoß, dass die Identität des wahren Schriftentwerfers, Miklós Kis, geklärt wurde.

Als die Recherchen in diversen Bibliotheken beendet waren, verschlug es uns zur Druckerei Haag Drugulin nach Dresden. Dort wurde uns abschließend klar, welche abenteuerlichen Wege und Stationen die Original Matrizen durchlaufen haben.

Aufgrund dieser Einblicke entstand der Entschluss, die Schriftanalyse in zwei Bänden zu verfassen: in einen schriftbezogenen Teil, der die Schönheit und Wirkung der Schrift veranschaulicht und in einen geschichtlichen Teil, der die Biografie und den Werdegang Miklós Kis’ thematisiert. Darin sind wichtige Abbildungen enthalten wie Schriftmusterblätter, die unzweifelhaft belegen, daß Miklós Kis der tatsächliche Entwerfer der Janson-Antiqua ist. Dadurch ergaben sich spannende Kompositionen aus Text und Bild im Raumaufbau.

Das Layout sowie der gesamte Einband des Buches orientiert sich an dem zarten Erscheinungsbild der Janson. Die Typografie wurde in einer Leichtigkeit gesetzt, die Anordnung der Texte, Einzelzeichen und Abbildungen verteilen sich locker im vorhandenen Format. Dieses wurde hochkant und schmal angelegt um den Charakter der Schrift gerecht zu werden. Farbe wurde sparsam und gezielt eingesetzt. Bordeauxfarbene Akzente bei der Buchstabenanalyse wirken hier modern und elegant.

Die Buchtitel wurden im Bleisatz gesetzt und ebenfalls in Bordeaux sowie Gold auf cremefarbenem Softcover gedruckt. Die Banderole, die beide Bände vereint, wurde aus einem Nachdruck des Originalschriftmusterblatts gefertigt, welches in der Haag Drugulin Druckerei hergestellt wurde.

Insgesamt eine liebevolle, sorgsame und gefühlvolle Gestaltung, die zeigen soll, wie feinfühlig, eigenständig und in ihrer Enstehungsgeschichte wechselvoll eine Schrift sein kann.

Fotos: Simon Grässle, Sandra Tammery

Das Stehsatz-Magazin geht in die 2. Runde  


Gerade als Studenten haben wir die Freiheit neugierig zu sein, die Möglichkeiten der Gestaltung auszuloten, zu experimentieren, zu erforschen oder auch mal Verrücktes auszuprobieren. Und das ist gut so, denn zu entdecken gibt es wahrlich einiges: Das Unbekannte und Überraschende. Oder etwas Bekanntes – aber von einer völlig anderen Seite.

Getreu diesem Motto wollen wir auch mit dieser 2. Ausgabe des Stehsatzmagazins wieder auf Entdeckungsreise gehen. So haben wir die besondere Gelegenheit das Open2Type Typographic Research Lab und ihre experimentellen Ansätze zur Typografie vorzustellen sowie einen Einblick in die Münchner Szene – Kultur und Subkultur – zu wagen. Wir erkunden das Venedig der Vergangenheit und der Gegenwart, begegnen dem Abenteuer eines Praktikums in der Metropole New York und stellen uns darüber hinaus Fragen wie: Was um Himmelswillen haben nun Nudeln und Layout zu miteinander zu tun?!

Vervollständigt wird das Ganze natürlich auch dieses mal wieder durch viele spannende Arbeiten in unserem Showroom, »Best of Stehsatz«.

Das neue Magazin kann jetzt ab sofort zum Selbstkostenpreis von 12,— € hier oder per Mail (T.Geier@mediadesign.de) bestellt werden.

Fotos: Veronika Disl
Visualisierung 1. Semester: Jakob Kreitner – Haikukreislauf

Betrachtet man die vier Jahreszeiten nüchtern, physikalisch, dann sind sie nichts anderes als die Bestandteile eines durch unterschiedliche Lichteinstrahlung und Ausrichtung von Sonne und Erde zueinander bedingten Klimazyklus. Das Licht ist der Ursprung allen Lebens und es beeinflusst die Natur, unseren Tagesablauf und hat auch individuell psychologische Auswirkungen. Die inhaltlich den vier Jahreszeiten entsprechenden Haikus sind in einer Kreisform zueinander ausgerichtet. Jeder Vers entspricht einem der 12 Monate und je näher er am Mittelpunkt liegt, desto heller ist der entsprechende Monat. Der Sommer ist als wärmste Jahreszeit oben im Kreis angeordnet und ihm gegenüber liegt der Winter an der tiefsten Stelle. Die beiden Übergangsjahreszeiten Frühling und Herbst sind links und rechts platziert. Zusammen ergibt sich eine elliptische Kreisform aus Textstrukturen, die durch den weißen Innenraum jedoch annähernd kreisrund wirkt. Lediglich mit schwarzer Schrift auf weißem Grund werden die auf das Wesentlichste reduzierten Grundprinzipien der Jahreszeitenabfolge veranschaulicht.

Um mit der Arbeit noch in den dreidimensionalen Raum zu gehen, wurde unter Anregung des »Licht-Raum-Modulators« von László Moholy-Nagy die Kreisform in eine Holzplatte gelasert. Anschließend wurden bei starkem Gegenlicht vor einem Fenster Fotos der Platte gemacht, die eine fast schon kosmische Wirkung entfalten, die sehr gut zur Thematik des Sonnenkreislaufs passen, und einen abwechlungsreichen Gegenpol zur klaren schwarz-weißen Form bieten.
The Air Near My Fingers
Kalligrafie 1. Semester: Jakob Kreitner

Fünf Striche, vier Rote und ein Schwarzer ergeben zusammen einen Buchstaben, ein Ikon, eine Hand. Als Basis dient das Fingeralphabet, dessen Zeichen abstrahiert und in eine einheitliche, dicktengleiche Form gebracht wurden. Die Abstände zwischen Wörtern sind durch ein leeres Quadrat, Absätze durch zwei leere Quadrate gekennzeichnet und Satzzeichen fallen dabei weg. Das Textraster besteht aus 637 Feldern, 498 mit einer Bandzugfeder geschriebenen Zeichen, 136 Wörter auf einer Fläche von 98 x 26 cm.

Geschrieben wurde der Text des Songs »The Air Near My Fingers« der Band »The White Stripes«. Dem programmatischen Farbschema der Band (rot, weiß, schwarz), das sich in sämtlichen Albumcovern, Instrumenten und Bühnenoutfits wiederfindet, wurde die Farbgebung der Schrift angepasst.

Stehsatz als Magazin

Endlich ist es soweit! Zusätzlich zum Stehsatzblog erscheint nun neu und erstmalig Stehsatz auch als Magazin.

Das Stehsatzmagazin versteht sich als Magazin für junges Grafikdesign und so gilt es in dieser über 90-seitigen Ausgabe viel Neues an Inspiration und Interessantes aus dem vielseitigen Feld der Gestaltung, Kunst und Kultur zu entdecken.

So hatten wir in der Rubrik »Über den Tellerrand« die Chance mit so inspirierenden Gestaltern wie Fanette Mellier oder Sandra Opiela zu sprechen und werfen einen Blick in die wahre Schatztruhe für Bleisatzbegeisterte – die Handsatzwerkstatt Fliegenkopf, wo der Bleisatz immer noch und wieder seine überraschend lebendige Seite zeigt.

Außerdem berichten Studenten von ihren Erfahrungen aus dem Praktikum in Israel und der Zeit nach dem Studium im In- und Ausland. Das Ganze wird vervollständigt durch den »Showroom«, in dem als eine Art best-of-Stehsatz eine Auswahl an Arbeiten aus den verschiedenen Semestern Gelegenheit für neue Ideen und Anregungen schaffen soll.

Das Magazin soll nun einmal im Semester erscheinen. Viel Spaß damit!

Fotos: Philipp Elsner

Editorial Design 3. Semester
Stefanie Kutzschbach

In meinem Konzeptbuch setze ich mich zunächst mit typografischen Gestaltungsmöglichkeiten unter den Aspekten Verdichtung und Enge auseinander, anschließend mit Weitläufigkeit und Auflösung. So wurden die anfänglich in sich geschlossenen »Texttafeln«, die aus der Dopplung, Spiegelung und Drehung der Head hervorgingen, weiterentwickelt.

»Der Steppenwolf« – Manipulation an der Buchform
Typografie 3. Semester: Julian Schöll

Die Lektüre eines Buches, intensiv gelesen, beeinflusst kurz-, manchmal gar langfristig das eigene Selbstverständnis. Der Leser nimmt seiner persönlichen Präferenz entsprechend Passagen, Botschaften etc. aus einem Buch auf, rezitiert diese oder bindet diese manchmal sogar in sein eigenes Denken, sein Weltbild mit ein. Wenn man so will: ein Stück Macht in den Händen des Autors, inklusive der Möglichkeit der Manipulation für den, dessen Waffe das Wort ist.

Diese, dem Prozess des Lesens innewohnende Veränderungsvielfalt wollte ich an eben dem Buch, das vor Jahren mein Denken nicht unbeträchtlich prägte, verdeutlichen.  Jede einzelne Wirkung – ergo Manipulation – unterliegt einer gewissen Logik ebenso wie einem Rhythmus, nichts ist willkürlich zerstört. Der Betrachter ist gefordert das System dahinter selbst zu erschließen.

Autor: Julian Schöll
Natalie Kennepohl, Kevin Kremer, Miriam Rieger, Laura Ostermeier
Endlosfaltung – Die ewige Wiederkunft

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der ewigen Wiederkunft, der Wiederholung des Gleichen. Inspiration für diese Arbeit war ein Auszug aus Friedrich Nietzsches »Also sprach Zarathustra – Ein Buch für Alle und Keinen«. Das Thema der ewigen Wiederkunft thematisiert Nietzsche besonders im folgenden Textausschnitt:

»Alles geht, Alles kommt zurück; ewig rollt das Rad des Seins. Alles stirbt, Alles blüht wieder auf, ewig läuft das Jahr des Seins. Alles bricht, Alles wird neu gefügt; ewig baut sich das gleiche Haus des Seins. Alles scheidet, Alles grüsst sich wieder; bleibt sich treu der Ring des Seins. In jedem Nu beginnt das Sein; um jedes Hier rollt sich die Kugel Dort. Die Mitte ist überall. Krumm ist der Pfad der Ewigkeit.«

Diese Textpassage setzt den inhaltlichen Rahmen der Arbeit und wurde auf die quadratische Endlosfaltkarte gedruckt. Die Besonderheit der Karte besteht darin, dass sie unendlich oft gelfaltet werden kann, ohne dabei jemals zu einem Ende zu gelangen. Sowohl die Faltung als auch der Text finden durch das Umklappen eine Fortsetzung und sind endlos. Somit schließt sich der Kreis und das Unendliche wird sowohl durch die Faltkarte an sich als auch durch den ewig weiterführenden Text thematisch vereint.

Dieses zyklische Zeitverständnis nimmt in Nietzsches Philosophie eine zentrale Position ein. Demnach kehren alle Geschehnisse unendlich oft wieder. Inzwischen ist man sich durchweg einig, dass die ewige Wiederkunft ein sehr bedeutungsvoller Gedanke von »Also sprach Zarathustra« ist. Diese Unendlichkeit stellt für Nietzsche die Grundlage höchster Lebensbejahung dar. In seiner Autobiografie »Ecce homo« beschreibt der Philosoph den Moment der Eingebung mit flammenden Worten. Es ist die Rede von einer Erleuchtung und davon, dass »mit unsäglicher Sicherheit und Feinheit, Etwas sichtbar, hörbar wird, Etwas das Einen im Tiefsten erschüttert und umwirft, […] Man hört, man sucht nicht; man nimmt, man fragt nicht, wer da giebt; wie ein Blitz leuchtet ein Gedanke auf. Mit Nothwendigkeit, in der Form ohne Zögern, – ich habe nie eine Wahl gehabt.« Diese tiefe Regung soll einen Tränenstrom bei Nietzsche ausgelöst haben, einen Zustand der vollkommenen Bestürzung. Nietzsche schließt die Beschreibung mit den Worten:
»Dies ist meine Erfahrung von Inspiration; ich zweifle nicht, dass man Jahrtausende zurückgehen muss.« Es wird klar, welch zentrale Rolle dieser Gedanke in Nietzsches Werk einnimmt. Wie der Nietzsche Biograph Rüdiger Safranski diesbezüglich feststellt, würde der Philosoph von nun an sein Leben in den Dienst dieses Gedankens stellen.

Equilibrium

»Wir glauben zu wissen, dass der Raum zuvörderst das Umgebende von jenem sei, dessen Ort er ist. Und dass er nichts von dem Dinge sei. Ferner, dass der erste Raum weder kleiner noch größer sei. Ferner, dass er jedem Dinge zwar nicht ausgehe, aber doch trennbar von ihm sei. Hierzu, dass aller Raum das Oben und Unten habe. Und dass ein jeder Körper sich von Natur bewege und an seinen eigentümlichen Orte verbleibe; hieraus aber das Oben und Unten erwachse. Von diesen Voraussetzungen aus ist nun das Übrige zu betrachten.«   Aristoteles

Das klassisch, konventionelle Medium »Print « verliert in einem Zeitalter der Digitalisierung und Technologisierung einen Anteil seines Stellenwertes als Kommunikationsträger. In der heutigen Gegenwart erwartet der Leser die Möglichkeit mit dem Medium zu interagieren. Die Neugierde eines jeden Menschen treibt die Technik und den Fortschritt an mit innovativeren Ideen Neues zu schöpfen. Das Experiment »Equilibrium« hat es sich zu der Aufgabe gemacht an konventionellen Werten der Printmedien festzuhalten und mit Einflüssen neuer vermittelnder Elemente aus dem multimedialem Spektrum zu vereinen. Damit schließlich ein harmonierendes Gleichgewicht bei dem Einsatz der verschiedenen Medien gewährleistet ist. Die daraus resultieren Konvergenzen ermöglichen dem Leser ein neues Leseempfinden, welches sich deutlich von der herkömmlichen Lese-gewohnheit differenziert. Die sakkadische Wahrnehmung des Auges wird geringfügig beeinträchtigt und lässt den Leser ein ungewohntes Lesegefühl zu Teil werden. Im Vordergrund der handwerklichen Dreidimensionalsierung des klassischen Printmediums stand eine neue Art des Lesens.

Facharbeit: Typografie III
Semester: 3. Semester
Bindung: Leporello
Team: Jochen Klaus, Marcel Menke

Mia Stevanovic
Magazingestaltung
Die innovative Videospiel-Zeitschrift »IGGI« geht inhaltlich wie gestalterisch einen eigenen Weg weit ab von den in diesem Bereich üblichen Publikationen. Das Magazin versteht Videospiele als anspruchsvolles Kulturgut und versucht dies mit inhaltlicher und visueller Qualität zu zeigen. Dabei nimmt die Gestaltung spielerisch Anleihen an diversen Klassikern der Videospielgeschichte wie Pac-Man, Space Invaders, Donkey Kong und alten Textadventuren. Das vielseitige Heft ist durch unterschiedliche Präsentationsformen klar und abwechslungsreich strukturiert.