Stehsatz

Visualisierung, 1. Semester: Lisa Sophie Ried
Visualisierung (1. Semester): Lisa Sophie Rid
»Stadt anders sehen«
Im Erstsemesterkurs »Visualisierung« nahm sich Lisa Sophie Rid des Themas
»Stadt anders sehen« an, indem sie 2D-Grafiken in der Art von Übersichtskarten entwarf – schematisch, abstrahiert, die Farbgebung einer Lesbarkeit oder auch einer Systematik untergeordnet.

Die Einöde ist dabei in ruhigen Farben gehalten, der Ruhe/der Eintönigkeit dieser Siedlungsart entsprechend. Das Gehöft wiederum ist etwas umfangreicher, dennoch überschaubar und in Brauntönen dargestellt, was die direkte Wirtschaftsweise mit und von der umgebenden Natur unterstreicht.

Das Dorf ist schon weiter verzweigt, hier sind Zentrum und Ausfallstraßen erkennbar sowie Teilbereiche einer dörflichen Gemeinschaft auszumachen. Insgesamt ist es noch überschau- und memorierbar.

Die Stadt hingegen ist bereits unübersichtlich, Details sind für den Betrachter, die Betrachterin als solche herauszuschälen. Viele Bereiche von eigener Charakteristik lassen auf komplexere Wirtschaftsweisen und unterschiedliche Nutzung schließen. Die Farbtöne sind allesamt Rottöne, sie symbolisieren Energie, Lebhaftigkeit, Kraft und Impulsivität — aber auch Hektik und Lärm.

Die Megastadt schließlich visualisiert Städte, die gemeinhin eine sehr hohe Bevölkerung (mehr als 10 Millionen Einwohner sind ein gängiges Kriterium) haben, ausufernd wie dicht bebaut sind und in der gewachsene Strukturen verloren gegangen sind in Richtung einer völligen Unübersichtlichkeit. Ein »Genius loci« ist hier nicht erkennbar, eine greifbare Charakteristik, geografisch oder auch sozial, ist nicht mehr zu eruieren, was sich in der unsystematischen Vielfalt der Farben wiederfindet.

Lisa Sophie Rid hat hier ein — im besten Sinne — denkbar einfaches Prinzip aufgegriffen und eindrücklich umgesetzt. Herausgekommen ist eine wahrlich prägnante Visualisierung.

Editorial Design (3. Semester): Nikol Stancheva

Nikol Stancheva setzte sich in der Drittsemester-Studienarbeit mit der skurrilen Kurzgeschichte »Fünf-Pfund-Burrito« von T.C. Boyle auseinander, um daraus ein Unikatbuch zu gestalten.

Protagonist der Geschichte ist Sal, Sohn mexikanischer Einwanderer und Eigentümer eines seit Jahren eher schlecht laufenden Restaurants. Um das Geschäft anzukurbeln verfällt er auf die Idee, öffentlichkeitswirksam einen überdimensionierten, fünf Pfund schweren Burrito – den größten Burrito der Stadt – feilzubieten. Neben der gewünschten Steigerung der Einnahmen führt dies allerdings auch zu unerwünschten Veränderungen in Sals Laden und Leben.

So steht eines Tages sein Lieferant in Form eines überdimensionierten Hähnchens vor ihm, am Folgetag dann in Form eines Schweines, eines Aliens etc. Auch scheinen sich die Gäste an dem Tag jeweils der Erscheinungsform des Lieferanten anzupassen. Erst als Sal seinen exzentrischen Burrito wieder in normale Dimensionen überführt, verschwinden auch die abstrusen Visionen.

Nikol Stancheva interpretiert die Geschichte in einer farbenfrohen, typografisch mutig gestalteten Serie aus fünf Plakaten. Zusammengerollt wie ein Burrito und umschlungen von einer Banderole, entblättert sich die Geschichte dem Leser – in visuell überbordenden, fast halluzinierenden Sinneseindrücken.

Fotos: Sybille Schmitz
Typografischer Ameisenhaufen

Für die gestellte Aufgabe, eine Kurzgeschichte von T.C. Boyle typografisch zu interpretieren, wählte Larissa Laurentzi »Die argentinische Ameise«.

Bei der titelgebenden Ameisenart, ursprünglich in Südamerika beheimatet, handelt es sich um eine besonders invasive Art, die sich mittlerweile weltweit verbreiten konnte. In der bizarren Erzählung bezieht ein junges Pärchen samt Kleinkind ein Häuschen in einem kleinen Ort, um peu a peu festzustellen, daß das Haus, ja der gesamte Ort von der argentinischen Ameise schlichtweg in Besitz genommen wurde.

Larissa Laurentzi hat diese Geschichte in gleichlange Abschnitte aufgeteilt und formal im Stile eines alten Faltplans umgesetzt. An den Stellen, an denen die Ameisen auftreten, verlassen die Buchstaben den Satzspiegel, beginnen selbst zu krabbeln und zu wimmeln, in unkontrollierbaren Ansammlungen und Bahnen über das Papier zu strömen. Die Ameise entflieht dem Autor.

Fotos: Sybille Schmitz
Typografie und Editorial Design (3. Semester): Diana Hix Molinari

Für die Umsetzung einer Erzählung von T.C. Boyle wählte die Studentin Diana Hix Molinari die Kurzgeschichte »Slate Mountain«. Darin bricht eine Gruppe Senioren auf zu einer geführten Bergwanderung, die in schlechtem  Wetter und in einigen Verwicklungen innerhalb der Teilnehmerschaft endet.

Prägende Idee war es, den titelgebenden, in Kalifornien gelegenen Slate Mountain in Form seiner Höhenlinien, wie man sie aus topografischen Karten kennt, als Negativ aus den Buchseiten zu stanzen. Die freie, herausgeschnittene Fläche in der Mitte wird im Laufe der Geschichte von Seite zu Seite immer kleiner. Da auch das Softcover gestanzt wurde, ermöglicht das Buch bereits im geschlossenen Zustand einen — zumindest — schmalen Anblick aller Seiten, aller Schichten. Die zehnte und letzte Seite ist die einzige, die nicht beschnitten ist.

Der Text der Geschichte folgt der Höhenlinie der jeweiligen Seite, er zeichnet damit die Handlung im wörtlichen wie im optischen Sinne nach. Die Augen des Lesenden wandern gewissermassen mit. Relevante Stellen im Text sind rot markiert, wie zusätzliche Informationen in einer topografischen Karte dienen sie hier als Hinweise auf das, was später passiert.

Als Schrift kam die Franklin Gothic Book zum Einsatz, das Papier ist naturweiß und mit 350g/qm auch sehr dick, was die Reliefhaftigkeit des negativen Höhenprofils enorm verstärkt. Das Cover ist sehr schlicht gehalten, um der Wirkung des zentralen Elementes — dem negativen Profil — nicht im Wege zu stehen.

Fotos: Sarah Janson, Redaktion: Sybille Schmitz
Wege entstehen dadurch, dass man sie geht. 
Die Magazin-Ausgabe 2020 ist da!

2020 wird vor allem als eine Zeit der Veränderung, der Irritation, der nie zuvor dagewesenen Erfahrung in Erinnerung bleiben: Es ist das Jahr der weltweiten Covid-19 Pandemie, eine Zeit persönlicher, wirtschaftlicher und kultureller Einschränkungen in (fast) allumfassender Weise. Vorlesungen wurden auf Online-Plattformen gehalten, persönlicher Aus­tausch, Kunst und Kultur durften lange Zeit ausschließlich digital, anschließend nur maskiert stattfinden.

So fand sich unser belebter Seminarraum im April in den virtuellen Raum versetzt – briefmarkengroße Teilnehmervideos, ruckelnde Internetverbindungen, Übertragungsprobleme gehörten fortan zu unserem kreativen Alltag. Nicht selten habe ich in der zurückliegenden Zeit gebangt um die nachhaltige Vermittlung stabiler typografischer und ge­stalterischer Grundlagen, die der Detailgenauigkeit, der intensiven Auseinandersetzung und Selbstreflexion fernab ephemerer Trends bedürfen. Das Semester ist vorbei und ließ aufgrund der Disziplin der Studierenden dennoch interessante, stimmige Projekte entstehen, von denen nun eine Auswahl im Stehsatz #6 vorgestellt wird.

Das Magazin ist in diesem Jahr durch das Engagement und die Hilfe vieler Unterstützer und Unterstützerinnen zustande gekommen – ohne diese Hilfe hätte es die diesmal um ein vielfaches höheren Hürden nicht überwunden. Es gilt den Widerständen mit Widerstand zu begegnen und so obliegt diesem Magazin heuer die zusätzliche Aufgabe, nach dem Rückschlag in allen Lebensbereichen, aus der Tristesse der erzwungenen Isolation, eine Verve zu entfachen, einen Ausblick in die Welt und in Zukünftiges zu vermitteln: Es will darum umso mehr Inspiration, Bühne und Ausblick auf Branchenrelevantes sein.

Interessante Einblicke in die aktuelle Designszene gewähren das Pariser Büro »My Name ist Wendy« sowie »Studio Bruch« aus Graz. Als Themenschwerpunkt haben sich die Studie­renden in diesem Jahr mit aktuellen Tendenzen in der Schriftgestaltung beschäftigt. Die Alumni Daniela Ibler, Lena Maidl, Sophie Schillo und Sandra Tammery berichten von ihrem persönlichen Werdegang und in der Rubrik »Bleisatz und Druck« werden Ergebnisse unserer Münchner Werkstatt präsentiert. Auch in diesem Jahr rundet ein vielfältiger »Showroom«, der Studentenarbeiten aus den Bereichen Editorial Design, Kalligrafie, Typografie und Visualisierung zeigt, das Magazin ab.

Typografie (2. Semester): Celina Hofmann, Michaela Kappes und Katharina Lutz
Buchprojekt »Rockwell« – Eine Schriftanalyse

Das Buchprojekt ist zum Einen eine tiefgreifende Analyse der »Rockwell«, darüberhinaus vermittelt es Hintergrundwissen, etwa zur Geschichte der Serifenbetonten Linear-Antiqua-Schriften, denen die Rockwell zuzuordnen ist, sowie Historisches über den traditionsreichen Schriftenhersteller »Monotype«, wo die Schrift Rockwell von Frank Hinman Pierpont entworfen wurde.

Das Buch sollte in seiner Gestaltung modern anmuten, wir wählten deswegen neben den Grundfarben schwarz (Schriftfarbe) und weiß (Seitenfarbe) den frisch wirkenden Farbton Grün — z. B. für Markierungen, Marginalien, auch für Kapitelanfänge. Transparenzseiten finden gelegentlich im Buch Verwendung und weisen ebenso grüne Zeichen auf.

Die umfangreiche Monotype-Historie, die untrennbar mit der Rockwell verknüpft ist, fassen wir in einem Zeitstrahl zusammen, womit ein schneller Überblick gewährleistet ist. Abbildungen begleiten die Leiste. Wichtig erscheint uns, dass die heute veralteten Druckverfahren und Prozesse der Schriftenentwicklung veranschaulicht werden.

Frank Hinman Pierpont wird in einem eigenen Kapitel gewürdigt, das seinen Werdegang und sein typografisches Wirken behandelt.

Fotos und Text: Celine Hofmann, Michaela Kappes, Katharina Lutz
Grafische Zeichen (2. Semester): Sarah Janson
Logoentwicklung für die »Highline Munich«

Bei »Highline Munich« handelt es sich um ein fiktives Projekt, das inspiriert ist vom realen »Highline Park« in New York, einem öffentlichen Park, der auf einer ehemaligen Hochbahntrasse angelegt wurde. Auch das fiktive Münchener Pendant ist auf einer stillgelegten Hochbahn angesiedelt. Mit diesem neu erschlossenen öffentlichen Raum sollen sich alle Altersgruppen angesprochen fühlen, die gerne im Grünen spazieren gehen oder auch Sport treiben. Festivals, Veranstaltungen und Street Art Künstler finden ein neues Zuhause.

Entwickelt wurde ein Zeichen, das dieses Ansinnen widerspiegelt. Es wurde eine Schrift eingesetzt, die in ihrer Anmutung eher »hochgewachsen« als in der Breite wirkt, mit der die Höhe des Parks verdeutlicht wird. Schriftgrößen sind so aufeinander abgestimmt, dass eine kompakte Form entsteht. Der Ahorn gilt als Münchner Straßenbaum – deshalb wurde ein Ahornblatt gewählt um die Verbindung zwischen Highline, Stadtpark und München darzustellen. Durch den Druck mit Acrylfarben konnten unterschiedliche Blattstrukturen herausgearbeitet werden. Die Farbwahl fiel auf Gelb, da Gelb für Sonne, Lebensfreude, Vergnügung und Frohsinn steht. Der Farbton wirkt frisch, unaufgeregt modern und entspricht dem Wesen des Highline Parks.

Das Zeichen ist in verschiedenen Plakatvariationen in Szene gesetzt. Wort- und Bildmarke finden sich voneinander gelöst und sind getrennt anwendbar. Zudem entstanden Plakate für die (leider fiktive) Eröffnung im Februar 2021 sowie für vier Veranstaltungen im Laufe des Jahres. Dabei wurden als begleitendes Thema die Jahreszeiten aufgegriffen.

Fotos: Sarah Marie Janson
Typografie (2. Semester): Katharina Lutz

Das systematische, experimentelle Erproben der Anordnung von Schrift, der Wirkweise von Weißräumen und Typen, das Spiel mit Satzformen und ihre Dekomposition sind wesentliche Methoden der typografischen Grundlagengestaltung.

Katharina Lutz hat in ihrer Entwurfsreihe 100 rein typografische Gestaltungen geschaffen, die das jeweiligen Zitat untermauern oder auch konterkarieren. Sie kombiniert dabei geschickt Schriften, spielt mit Positiv- und Negativräumen bis hin zur vollständigen Dekonstruktion von Zeichen und Satzfolgen, kurz: sie spielt recht virtuos auf der Klaviatur der Typografie.

Bachelorarbeit: Nicolas Janson

Die Bachelorarbeit von Nicolas Janson mit dem Titel »Kreativität durch Variation« richtet das Augenmerk allgemein auf den kreativen Arbeitsprozess, und im Besonderen widmet sie sich dem Einfluss auf diesen Prozess durch zukünftige Technologien. Können Algorithmen einem Kreativen die Arbeit abnehmen oder ist ein Computerprogramm sogar der bessere Gestalter? Ist der Mensch durch seine eigenen Erfahrungen und sein Ästhetikempfinden limitiert oder sind es genau diese Werte, die ihn dem Computer überlegen machen?

Diese Fragen wurden experimentell untersucht indem verschiedene Versuchsreihen einmal klassisch mit Stift und Papier und einmal durch ein Computerprogramm realisiert wurden. Auf diese Weise entstand schließlich ein computergeneriertes, auf einem Raster basierendes Zeichensystem.

Fotos: Nicolas Janson
Visualisierung (1. Semester): Laura Di Vita

Die Grundlage der Visualisierung des Lebenszyklus’ bildet eine Holzplatte, zu gleichen Teilen weiß und schwarz bemalt – in Anlehnung an das chinesische Yin-Yang-Symbol, das bekanntermaßen zwei gegesätzliche, aber doch aufeinander bezogene, voneinander abhängige Kräfte oder Prinzipien symbolisiert, in diesem Fall Leben und Tod.

Auf der Holzplatte finden sich Nägel in Kreisform angeordnet, an denen wiederum zahlreiche farbige Fäden gespannt wurden. Die Farben der Kreissegmente sind den sechs Lebensphasen eines Menschen zugeordnet: Geburt weiß-rosa, Kleinkindalter gelb-orange, Adoleszenz hellrot-dunkelrot, Erwachsenenalter hellgrün-dunkelgrün, Greisenalter hellblau-dunkelblau, und das Lebensende braun-schwarz.

In der Mitte, dem Zentrum, zu dem alle Fäden laufen, das alle Fäden hält, ist die (Welt-) Achse hervorgehoben, um den sich der Kreislauf des Werdens und des Vergehens dreht, gewissermaßen der Baum(stamm) des Lebens.

Fotos: Laura Di Vita