Das Vermächtnis von Lina Haag – Ein dialektisches Ausstellungskonzept
2013, achtzig Jahre nach dem Beginn der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, schwinden die Zeitzeugen dahin. Mit ihrem Schwinden, hat sich die Erinnerungskultur der Deutschen stark gewandelt. Die Stimmen der Opfer des Regimes werden immer leiser. In naher Zukunft werden die jungen Generationen auf die Dokumente und archivierten Zeitzeugnisse angewiesen sein, weshalb es umso bedeutender ist, die existierenden überlieferten, persönlichen Gespräche und Erzählungen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und die Auseinandersetzung mit der schweren Thematik für künftige Generationen möglichst verständlich aufzubereiten. Mit dem Ausstellungskonzept möchte ich die beispiellose Lebensgeschichte einer kommunistischen Widerstandskämpferin greifbar machen, die sich bis zum letzten Atemzug dem Pazifismus, dem Antifaschismus, dem Kampf um Gerechtigkeit verschrieben hat. Es ist die Geschichte meiner Uroma Lina Haag, die 2012 im Alter von 105 Jahren verstorben ist. Nach ihrem elfjährigen Kampf um Freiheit und das Leben ihres Mannes, schrieb sie ihm einen Brief, in dem sie alle Erlebnisse der vergangenen, qualvollen Jahre dokumentierte. Dieser Brief wurde 1947 als einer der ersten Zeitzeugenberichte als Buch, unter dem Titel »Eine Handvoll Staub«, veröffentlicht. Seither wurde es hunderttausendfach gedruckt und ihr Leben zahlreich porträtiert, doch steht dabei meist ihr politisches Wirken und ihr Mut im Fokus. Das Ausstellungskonzept umfasst ihre über hundertjährige Lebensgeschichte als Ganzes. Ihr Leidensweg als politische Kämpferin und ihr lebenslanges Engagement für Gerechtigkeit stehen dabei ebenso im Fokus wie ihr Leben als liebende Ehefrau, Mutter, Großmutter und Urgroßmutter. Anders als bei vielen Werken die sich mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte beschäftigen, soll ihr gesamter Lebensweg im Kontext wahrgenommen werden und dem Betrachter auf eine bewusst distanzierte Art angeboten werden, tiefer einzutauchen, nachzufühlen und zu verstehen.