Stehsatz

Carl Grimm (1901–1979), ein Maler, Illustrator, Graveur sowie Modelleur aus Weiden in der Oberpfalz.
Studenten drucken Grimm

In der Abzugspresse unser Werkstatt befinden sich weihnachtlich anmutende Märchenmotive, Linolplatten, vorsichtig auf Schrifthöhe montiert, die in mehrfarbigem Irisdruck auf einer Abzugspresse gedruckt werden – das erste Mal nach immerhin 50 Jahren. Die Motive, Märchenszenen aus gängigen Volksmärchen, zeichnen sich durch außerordentliche handwerkliche Qualität aus, die das Niveau vieler Arbeiten Anderer weit übertreffen. Sie wurden mit Hingabe und künstlerischer Detailverliebtheit in ca. 10 cm große Linolplatten geschnitten.

Sie stammen aus der Hand von Carl Grimm (1901–1979), einem Maler, Illustrator, Graveur sowie Modelleur aus Weiden in der Oberpfalz.

In Grimms Leben spiegelten sich die Wirrungen und Verwerfungen des 20. Jahrhunderts wider und hinterließen ihre Spuren in seinem Werdegang. Nach dem Abitur in Bayreuth besuchte der junge Grimm die Kunstakademie in München, um sein Talent weiterzuentwickeln. In der wirtschaftlich enorm schwierigen Zeit der 1920er Jahre sah er sich gezwungen seinen Traumberuf Künstler hintan zu stellen und entschloss sich ihn gegen einen praktischeren Beruf einzutauschen. So wurde er Dekorentwerfer, Modelleur und Graveur zunächst bei dem bekannten Porzellanhersteller »Thomas« im Fichtelgebirge, später bei »Hertel, Jacob & Co« in Rehau. Ende der 30er Jahre schließlich wurde er technischer Leiter einer Porzellanfabrik im thüringischem Uhlstädt. 1942 zum Kriegsdienst eingezogen wurde er in der Ukraine verwundet und geriet schließlich in Kriegsgefangenschaft. 1946 kehrte er zu seiner Familie und an seine alte Position zurück. Mit dem System in der jungen DDR hadernd brachte er den Sohn über die Grenze in den Westen. Seinem Gesuch die DDR selbst verlassen zu dürfen wurde erst 1955 zugestimmt.

Grimms Werk, das stets neben seinem Brotberuf entstand, umfasst dabei mehrere hundert Arbeiten, in der Hauptsache Malerei, Federzeichnungen, auch Linol- und Scherenschnitte. Nicht selten ist dabei ein großer schlaksiger Mann als Motiv zu finden, der mich in karikierter Form doch stark an meinen Onkel Carl Grimm, den Künstler selbst erinnert.

Trotz schwerer Zeiten hatte seine Leidenschaft zur Malerei und Kunst in seinem Leben immer einen prominenten Platz. Bereits Ende der 20er Jahre wurde seine Kunstfertigkeit und kleinere Ausstellungen in lokaler Presse lobend erwähnt. Im Alter war er Mitglied des oberpfälzischen Kunstvereins.

Zum Weihnachtsbasar in München haben wir in der Druckwerkstatt einige seiner Linolschnitte, die viele Jahrzehnte in Schubladen verschwunden waren, wiederbelebt. Grimms Motive wirken auch heute noch fröhlich, stimmungsvoll und besinnlich.

Mit seinen Arbeiten verabschieden wir uns in die Winterpause. Wir wünschen eine frohe, ruhige und erholsame Weihnachtszeit.

Mit Dank an Hermann Grimm. Fotos: Sybille Schmitz

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